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Paljor aus Nepal

Im Gespräch mit Auswanderern über das Leben auf der großen Insel, die schönen Seiten Australiens, an was wir uns nie gewöhnen werden und was man so alles von daheim vermisst: Diesmal mit Paljor aus Nepal, der mit 18 nach Australien ausgewandert ist und sich in Sydney mittlerweile schon richtig daheim fühlt.

Über dich und deine Erlebnisse:

Woher kommst du, wie alt bist du und was machst du in Australien? Wie lange bist du schon hier? 
Ich wurde in Nepal geboren und habe dort meine Kindheit und Jugend verbracht. Meine Familie lebt nach wie vor dort. Mit 18 Jahren bin ich zum Studieren nach Australien gezogen und habe mir hier schließlich ein neues Leben aufgebaut. Heute bin ich 28 Jahre alt und arbeite als Marketing Koordinator für eine Sprachschule in Sydney.

Warum genau Australien? 
Es gibt mehrere Gründe, warum ich mich dazu entschlossen hatte, auszuwandern. Die Dinge standen damals sehr schlecht in Nepal, es gab Korruption, wo immer man auch hinsah und die Karriereaussichten waren sehr beschränkt. Ich konnte einfach das Licht am Ende des Tunnels nicht sehen und um ehrlich zu sein, ich kann es auch heute noch nicht, was sehr traurig ist.

Ausschlaggebend um nach Australien zu gehen, war sicherlich, dass es damals für nepalesische Studenten sehr einfach war, ein Visum zu bekommen. Außerdem sind die Ausbildungen hier top und damals waren auch die Studiengebühren noch relativ erschwinglich. Mein anderes Wunschziel wäre die USA gewesen, ein Visum für Amerika zu bekommen, war jedoch nicht ganz einfach.

Erinnerst du dich an deinen ersten Tag? Was hast du erlebt? 
Obwohl es schon zehn Jahre her ist, erinnere ich mich an den Landeanflug in Sydney, als wäre es erst gestern gewesen. Es war bereits Nacht und ich erinnere mich an all die Lichter, die ich vom Flugzeug aus sah und kurz wurde ich auch ein bisschen nervös, als ich daran dachte, dass ich nicht eine einzige Menschenseele in der Stadt dort unten kenne. Außerdem hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt nur ein einziges anders Land besucht – Indien – es war also alles sehr neu und aufregend für mich. Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, wie ich mit dem Taxi zu meiner Unterkunft gefahren bin und meine zukünftigen Mitbewohner kennen gelernt habe.

Was war dein größter Kulturschock? 
Ich würde es nicht unbedingt als Kulturschock bezeichnen, eher als falsche Vorstellung, die ich von Australien hatte. Ich dachte immer, dass Australien eine Mischung zwischen Großbritannien und Amerika ist, mit ähnlicher Kultur und Lebensweise. Und obwohl Australien auch heute noch als Land bezeichnet wird, das kulturell gen Westen ausgerichtet ist, wurde mir bald klar, dass es seine ganz eigene Identität hat, sowohl bedingt durch die einzigartige Lage und die Bereicherung durch die Kultur der Aborigines und Torres Strait Islander, als auch durch die vielen multi-ethnischen Migranten, die das Land zu dem gemacht haben, was Australien heute ist. Ich habe mich von Anfang an richtig wohl unter Australiern gefühlt und war sehr neugierig darauf, ihren Lebensstil und ihre Kultur näher kennen zu lernen und je länger ich hier lebe, desto mehr weiß ich den »Australian Way of Life« zu schätzen.

Wenn ich Australien mit Nepal vergleichen müsste, weiß ich gar nicht genau, wo ich anfangen soll. Die Liste der Unterschiede wäre unendlich... angefangen von der Lage, Lebensweise, dem politischen System, der Kultur, den Familienstrukturen... Ich muss aber sagen, dass Australier und Nepalesen auf ähnliche Art und Weise ein sehr freundliches Volk sind – die Charakterzüge Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit sind in beiden Gesellschaften hoch angesehen.

Hast du manchmal Heimweh? Was fehlt dir? 
Manchmal habe ich Heimweh, aber nur nach meiner Familie und meinen Freunden, die in Nepal leben. Ich sehe meine Familie nur ca. alle drei Jahre. Meine Schwester studiert gerade Medizin in China. Das Land an sich vermisse ich jedoch nicht.

Erzähl mir von Australien:

Wie würdest du Australien mit ein paar wenigen Worten beschreiben? 
Australien – ein Naturparadies, wunderschöne Küstenlandschaften und fantastisches Wetter. Die Australier würde ich als sehr gelassen, aber zielstrebig bezeichnen, sie können mitunter Rowdys sein, haben aber eine warmherzige Art, sie sind alle sehr verschieden, aber doch geeint.

Was gefällt dir besonders gut an Australien? 
Ich liebe die Tatsache, dass man in Australien so viele unterschiedliche Erlebnisse haben kann – große glamouröse Städte (Sydney, Melbourne), kleine malerische Örtchen (Yamba, Byron Bay) und das ländliche Outback (Alice Springs). Nur eine Stunde Autofahrt von Sydney entfernt liegt beispielsweise das schöne kleine Dorf Wisemans Ferry oder Stanwell Tops, eine atemberaubende Küstenstraße.

Das Essen hat es mir hier ebenfalls angetan. Die Australier sind richtige »Foodies« und man findet in Sydney authentische Küche aus aller Welt. Neben moderner australischer Küche in top Restaurants (Quay in The Rocks), kann man auch authentisch japanisch essen gehen (ich empfehle Kuki Tanuki in Newtown), traditionelle indische Spezialitäten kosten (am besten bei Maya da Dhaba in Surry Hills), spanische Tapas genießen (unbedingt Tapavino in Sydneys Innenstadt besuchen) und selbst exotische nepalesische Küche findet man hier (Little Nepal in Burwood). Wer also auf ein gastronomisches Abenteuer aus ist, der ist in Sydney auf jeden Fall richtig.

An was wirst du dich nie gewöhnen?
Ganz ehrlich, ist gibt nicht eine einzige Sache, die ich hier nennen könnte. Das Leben in Australien ist einfach großartig, ich liebe dieses Land!

Wo befindet sich in deinen Augen der schönste Ort in Australien? 
Kurz gesagt: Sydney. Vielleicht bin ich in meiner Meinung dadurch beeinflusst, dass Sydney heute meine Heimatstadt ist, aber ich denke, dass die Stadt wirklich für jeden etwas zu bieten hat – egal was für Interessen oder Geschmack man hat, ob man ein Fan von Natur oder von Großstadt ist.

Würde deine Wahl wieder auf Australien fallen?
Auf jeden Fall!

Wie australisch bist du bereits?

Sprichst du jeden mit »how're you doing« an? 
Meistens schon, ja. Das geht ganz automatisch.

Isst du Vegemite zum Frühstück? 
Da ich bereits als Kind in Nepal Vegemite zum Frühstück gegessen habe, war das auf jeden Fall nichts Neues für mich. Mein Vater war als Kind in einem Internat in Indien untergebracht, das von Engländern geführt wurde. Daher kam er schon früh mit Marmite in Berührung (die englische Variante von Vegemite) und so wurde die Tradition in unserem Haus fortgesetzt und auch ich bin mit Marmite bzw. Vegemite zum Frühstück aufgewachsen.

Wie hast du die letzten Weihnachten verbracht?
Weihnachten habe ich erst richtig in Australien kennen gelernt. Das Christentum ist in Nepal nicht wirklich verbreitet, mehr als 80% der Nepalesen sind hinduistisch. Trotz dieser Tatsache sind die Leute sehr tolerant und es ist sogar verbreitet, mehreren Religionen gleichzeitig zu folgen. Meine Mutter zum Beispiel ist sehr gläubig und praktiziert sowohl den Hinduismus, als auch den Buddhismus. Mein Vater ist in einem buddhistischen Haushalt aufgewachsen, hat sich aber irgendwann zum Agnostiker entwickelt. Als ich alt genug war, über meine Religionszugehörigkeit zu entscheiden, entschied ich mich für den Atheismus. Trotz alledem feiern wir nach wie vor hinduistische und buddhistische Feste mit Familie und Freunden, ähnlich wie ich hier in Australien an den Feierlichkeiten zu Weihnachten teilhabe – nicht unbedingt im religiösen Sinne, aber einfach als eine Zeit, die man mit seinen Liebsten zusammen verbringt. Letzte Weihnachten habe ich mit meiner Familie und Freunden Geschenke ausgetauscht, es gab viel gutes Essen und es war einiges los!

Für die Aussies ist ein Strand ohne Wellen kein Strand. Was bevorzugst du? 
Ich mag Wellen sehr gerne, obwohl ich mich noch nie im Surfen versucht habe. Im Bodyboarden jedoch schon.

Besitzt du ein Paar Ugg Boots? 
Oh nein, niemals!

No worries!

FOTO: PALJOR LAMA
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Eingestellt von : Nina Fischer
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Flüchtlingskrise – Wie reagiert Australien?

Das kennen wir auch aus Europa: Nicht immer stimmt die Meinung des Volkes mit den Taten der Politiker überein. In Angesicht der weltweiten Flüchtlingskrise gerät Australiens Regierung jedoch zusehends unter Druck. Während Länder wie Deutschland Kriegsflüchtlinge willkommen heißen und zugesagt haben, 500.000 und mehr aufzunehmen, kristallisieren sich in Australien gerade zwei Dinge heraus.

Zum Ersten scheint der Plan, Asylsuchende in Kambodscha anzusiedeln, nun endgültig in sich zusammen zu brechen. 55 Mio. Australische Dollar hat diese fragwürdige Aktion bisher gekostet. Die australische Regierung verbannt Bootsflüchtlinge, die versuchen, die australische Küste zu erreichen, seit einigen Jahren auf die pazifischen Inseln Nauru oder Manus Island, in so genannten »offshore detention centres«. Alle Flüchtlinge, die dorthin kommen, haben keine Chance, in Australien angesiedelt zu werden. Das Problem ist nur, dass diese armen Inselstaaten unmöglich so viele Flüchtlinge aufnehmen können, daher hat Premierminister Tony Abbott vergangenes Jahr mit Kambodscha einen neuen Deal geschlagen: 55 Mio. Australische Dollar dafür, dass anerkannte Flüchtlinge, die in Nauru oder Manus Island festsitzen – anstatt in Australien – in Kambodscha angesiedelt werden. Und das Resultat? Gerade einmal vier Personen wurden seit Juni in dem Dritte-Welt-Land aufgenommen. Einer von ihnen möchte laut Medienberichten nun freiwillig in seine alte Heimat zurückkehren.

Zum Zweiten soll Australien nun auch seinen Teil zur weltweiten Flüchtlingskrise beitragen und mehr Asylsuchende aus Syrien aufnehmen. Dem hat die australische Regierung am vergangen Sonntag zwar zugestimmt, sich gleichzeitig aber ein Hintertürchen offen gelassen: Es sollen in Zukunft zwar mehr syrische Flüchtlinge aufgenommen werden, dafür aber weniger Menschen aus anderen Krisengebieten. Die Quote muss gleich bleiben. Gleichzeitig ist eine heftige Diskussion darüber entbrannt, dass nur christliche Syrer aufgenommen werden sollen. Die vorherrschende Stimmung im Parlament: »Wir wollen keine muslimischen Männer«. Die australische Regierung ließ heute verlautbaren, dass ein Entschluss gefallen sei. Premierminister Tony Abbott hat zur Überraschung aller nachgegeben: Zusätzlich zur jährlichen Flüchtlingsquote von 13.750, sollen nun auch 12.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen werden. Bedingung bleibt jedoch, in erster Linie »verfolgten Minderheiten« eine permanente Aufenthaltsbewilligung in Australien zu gewähren.

No worries!

FOTO: MICHAEL COGHLAN (FLICKR)
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Eingestellt von : Nina Fischer
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